Ursachen und Prävention von Schweißrissen: Ein umfassender Leitfaden

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Einleitung: Die Bedeutung der Rissprävention beim Schweißen

Schweißrisse stellen eine gravierende Schwachstelle in Schweißnähten dar, da sie die strukturelle Integrität erheblich beeinträchtigen können. Solche Risse erfordern oft aufwändige Nacharbeiten oder Reparaturen, was Zeit und Ressourcen kostet. Daher ist es essenziell, die Ursachen zu verstehen und gezielt Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, um langlebige, zuverlässige Verbindungen zu gewährleisten.

Schweißrisse sind kritische Mängel, die die Festigkeit der Verbindung erheblich mindern. Sobald sich ein Riss bildet, ist die Tragfähigkeit des Gelenks stark eingeschränkt. Damit verbunden ist die Notwendigkeit, die Rissbildung effektiv zu verhindern, um die Sicherheit und Langlebigkeit der Konstruktion zu sichern.

Warum entstehen Schweißrisse?

Schweißrisse treten auf, wenn innere Spannungen die Elastizität des Füllstoffs, des Grundmaterials oder beider Materialien übersteigen. Es gibt zwei Haupttypen von Rissen: heiße und kalte Risse, die unterschiedliche Ursachen und Entstehungsprozesse aufweisen.

Heißrisse, die bei Temperaturen über 1000 °C auftreten, sind meist auf Spannungskonzentrationen, niedrige Schmelzpunkte bestimmter Legierungselemente, schnelle Abkühlung sowie eine geringe Duktilität des Materials zurückzuführen. Sie manifestieren sich häufig als Längsrisse, lamellare Tränen oder Kraterrisse. Kaltrisse hingegen entwickeln sich erst nach dem Schweißprozess, oft Wochen später, und sind hauptsächlich durch Wasserstoffaufnahme und -diffusion im Metall bedingt.

Ursachen für innere Spannungen

Innerhalb einer geschweißten Verbindung wirken zwei zentrale Stressquellen:

  • Physische Belastungen durch den Gebrauch, z.B. Belastung von Bauteilen im Einsatz
  • Restspannungen, die beim Abkühlen und Kontrahieren des Metalls entstehen

Restspannungen entstehen durch die thermische Expansion während des Erhitzens und die Kontraktion beim Abkühlen. Wenn die Spannungen die Elastizitätsgrenze des Materials überschreiten, entstehen Risse, insbesondere wenn die Verbindung nicht ausreichend vorgeheizt oder kontrolliert abgekühlt wurde.

Darüber hinaus wirken äußere Lasten wie Vibrationen, Druck, Biegung oder Torsion auf die Schweißverbindung. Insbesondere bei zyklischer Belastung kann Materialermüdung auftreten, die die Wahrscheinlichkeit von Rissen erhöht.

Heiße Risse: Ursachen und typische Erscheinungsformen

Heiße Risse, die während oder unmittelbar nach dem Schweißprozess auftreten, sind häufig auf Spannungskonzentrationen, niedrige Schmelzpunkte von Legierungselementen wie Schwefel oder Phosphor, schnelle Abkühlung sowie geringe Duktilität zurückzuführen. Sie äußern sich meist in Form von Längsrissen, lamellaren Tränen und Kraterrissen.

Diese Risse entstehen durch das Zerreißen der teilweise verschmolzenen Korngrenzen, was beim Erstarren des Schweißguts passiert. Die Schrumpfung des Metalls beim Abkühlen erzeugt zusätzliche innere Spannungen, die die schwachen Korngrenzen durchbrechen.

Längsrisse

Diese verlaufen entlang der gesamten Länge der Schweißnaht und treten meist bei stark konkaven Schweißnähten auf. Besonders betroffen sind Stähle mit hohem Schwefel- und niedrigem Mangananteil sowie hochkohlenstoffhaltige Stähle.

Lamellare Tränen

Sie entstehen im Basismaterial unterhalb der Schweißnaht, vor allem bei gerolltem Stahl mit hohem Schwefelgehalt. Diese Risse sind eine Folge von Querschrumpfungen und einer parallelen Fusionslinie zwischen Schweißmetall und Grundmaterial. Stahl mit einem Strain-Wert über 20% ist widerstandsfähiger gegen lamellare Risse.

Kraterrisse

Formen sich meist am Ende der Schweißnaht, können sich aber auch entlang der Naht ausbreiten. Sie entstehen bei unzureichendem Schweißmetallvolumen, insbesondere wenn die Perle am Ende zu flach ist, was zu ungenügender Belastungskraft führt.

Kalte Risse: Ursachen und typische Erscheinungsformen

Kaltrisse treten verzögert auf, manchmal Wochen nach dem Schweißvorgang, und sind oft schwer zu erkennen. Hauptursache ist die Aufnahme und Diffusion von Wasserstoff, der im Schweißprozess durch Verunreinigungen wie Öl, Fett, Rost oder Beschichtungen in das Metall gelangt. Diese Risse manifestieren sich als Wurzel-, Zehen- sowie Quer- und Fusionslinienrisse.

Wasserstoff im Schweißbogen zerlegt molekularen Wasserstoff in einzelne Atome, die in die HAZ diffundieren und dort bei Erkalten interne Spannungen verursachen. Hochfeste Stähle sind besonders anfällig, da Wasserstoff die Rissbildung erleichtert. Die wichtigsten Voraussetzungen sind Spannungskonzentration, wasserstoffempfindliche Mikrostrukturen und Wasserstoffverfügbarkeit.

Zehenrisse

Diese treten meist an den Schweißnähten an den Zehen auf, da hier die Wasserstoffansammlung und Spannungsbildung am intensivsten sind.

Wurzel- und Unterbeadrisse

Sie entstehen häufig durch Wasserstoffdiffusion an den Wurzelstellen der Naht, insbesondere bei ungünstigen Geometrien und hohen Wasserstoffgehalten im Stahl. Man spricht hier auch von Untertönung.

Querrisse

Hochfester Stahl zeigt oft Querrisse, die sich bereits bei geringer Vergrößerung sichtbar machen lassen. Diese Risse verlaufen quer zur Schweißrichtung und können durch Röntgeninspektionen erkannt werden.

Fusionslinienrisse

Sie verlaufen parallel zur Fusionszone und sind bei kalten Rissen seltener, treten aber auf, wenn Wasserstoff- und Spannungsfaktoren gleichzeitig wirken.

Praktische Tipps zur Rissprävention

Zur Vermeidung beider Rissarten ist es entscheidend, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Empfehlungen:

  • 1. Auswahl des richtigen Füllmaterials: Für hochfeste Stähle oder bei Wasserstoffrisiko verwenden Sie niedermagnetische Elektroden wie E7018. Achten Sie auf feuchtigkeitsfreie Materialien, um Wasserstoffeinlagerung zu verhindern.
  • 2. Vorwärmen des Metalls: Das Vorwärmen reduziert die thermischen Spannungen und ermöglicht die Wasserstoffentweichung. Die Temperatur hängt vom Material ab; konsultieren Sie die Spezifikationen.
  • 3. Langsames Abkühlen: Durch kontrolliertes Abkühlen mit Wärmedecken oder Schweißöfen verringern Sie die Schrumpfspannungen und fördern die Wasserstoffdiffusion.
  • 4. Vermeidung von schwefelreichem Stahl: Stahl mit hohem Schwefelanteil ist besonders anfällig für heiße Risse. Wählen Sie Legierungen mit niedrigem Schwefelgehalt.
  • 5. Optimale Schweißperlenkontur: Vermeiden Sie zu konkave oder zu konvexe Perlen, da diese innere Spannungen und Rissrisiken erhöhen. Eine gleichmäßige, harmonische Perlenform ist ideal.
  • 6. Verwendung hochwertiger Materialien: Qualitätsfüller und Basismaterialien minimieren Rissrisiken durch ungleichmäßige chemische Zusammensetzung oder Kornstrukturen.
  • 7. Angepasste Schweißgeschwindigkeit: Vermeiden Sie zu hohe Reiseschnelligkeit, die unzureichende Füllung und poröse Naht verursacht.
  • 8. Vermeidung von Wasserstoff im Schutzgas: Nutzen Sie Helium- oder Argon-Gase anstelle von Wasserstoff, um die Wasserstoffaufnahme zu minimieren.
  • 9. Richtige Verhältnis von Schweißbreite zu Tiefe: Halten Sie das Verhältnis zwischen 0,5 und 0,8, um Spannungsansammlungen und Rissbildung zu verhindern.
  • 10. Sorgfältiges Beenden der Schweißnaht: Füllen Sie den Krater vollständig, um Spannungen und Rissrisiken zu verringern.
  • 11. Kontrolle der thermischen Belastungen: Lassen Sie die geschweißten Teile während des Abkühlens genügend Raum, damit sich das Metall auf natürliche Weise ausdehnen und zusammenziehen kann, ohne Spannungen zu erzeugen.

Fazit: Proaktive Maßnahmen für langlebige Schweißverbindungen

Bei Auftreten von Rissen ist eine schnelle Reparatur notwendig. Präventive Maßnahmen sind jedoch die effektivste Strategie, um kostspielige Nacharbeiten und Sicherheitsrisiken zu vermeiden. Das Verständnis der Ursachen sowie die Anwendung bewährter Techniken tragen maßgeblich dazu bei, zuverlässige und dauerhafte Schweißverbindungen zu erzielen. Selbst Hobby-Schweißer sollten die Grundlagen der Rissvermeidung kennen, um die Sicherheit ihrer Projekte zu gewährleisten. Mit sorgfältiger Planung, Materialauswahl und Technik können Rissbildungen weitgehend vermieden werden, wodurch die Lebensdauer Ihrer Schweißkonstruktionen deutlich erhöht wird.


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