Der optimale Einsatz von Schutzgasen beim TIG-Schweißen: Eine umfassende Anleitung

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Einleitung: Die Bedeutung des richtigen Schutzgases beim TIG-Schweißen

Die Auswahl des passenden Schutzgases beim TIG-Schweißen ist entscheidend für die Qualität, Ästhetik und Langlebigkeit Ihrer Schweißnähte. Eine falsche Gaswahl kann zu Porenbildung, Rissen, ungleichmäßigen Perlen und unregelmäßigem Eindringen führen, was die Stabilität des Schweißprodukts gefährdet. Um makellose, professionell aussehende Schweißnähte zu erzielen, ist die Kenntnis der verschiedenen Gase und ihrer Eigenschaften unerlässlich. Glücklicherweise ist die Wahl des passenden Schutzgases für TIG-Schweißen weniger komplex, als es auf den ersten Blick erscheint, auch wenn die Flasche wie eine kleine Rakete aussieht. In diesem Artikel erhalten Sie eine detaillierte Übersicht, welches Gas für unterschiedliche Anwendungen am besten geeignet ist und welche Fallstricke unbedingt vermieden werden sollten.

Welches Schutzgas ist am besten für das TIG-Schweißen geeignet?

Die häufigsten Schutzgase beim TIG-Schweißen sind Argon und Helium, oftmals in Kombination oder als Mischungen. Gelegentlich werden auch Gase wie Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff oder Kohlendioxid als Zusätze verwendet. Diese Zusätze sind jedoch nur in speziellen Fällen gerechtfertigt, da sie die Schweißqualität negativ beeinflussen können, wenn sie nicht korrekt eingesetzt werden.

Argon – Das Standardgas für zuverlässige Ergebnisse

Argon ist ein Edelgas, das inert ist und somit nicht chemisch mit dem geschweißten Metall oder der Wolframelektrode reagiert. Die Bezeichnung ‚inert‘ bedeutet, dass das Gas keine unerwünschten chemischen Reaktionen eingeht, was es ideal für eine Vielzahl von Materialien macht, darunter Weichstahl, Edelstahl, Aluminium und Magnesium. Da Argon schwerer als Luft ist, bildet es eine schützende Schicht über dem Schweißbad, die es vor Luftverunreinigungen schützt. Seine hohe Dichte sorgt für eine stabile Schweißumgebung auf flachen Positionen, allerdings kann es bei Schweißarbeiten in Überkopf-Positionen herausfordernd werden, da das schwere Gas nach unten sinkt. Um dieses Problem zu umgehen, empfiehlt es sich, die Gasdurchflussrate zu erhöhen, was allerdings die Kosten steigen lässt. Argon ist zudem leicht zu ionisieren, was für einen stabilen Lichtbogen sorgt, insbesondere bei längeren Bogenlängen. Seine kathodische Reinigungswirkung ist ein weiterer Vorteil, insbesondere beim Schweißen von Aluminium, da sie Oxid- und Verschmutzungsreste effektiv entfernt.

Fazit: 100% Argon ist für die meisten TIG-Anwendungen ausreichend und kostengünstig. Es ist die beste Wahl für Weichstahl, Edelstahl, Aluminium und Magnesium, wenn keine besonderen Anforderungen bestehen.

Helium – Das leistungsstarke Alternative für spezielle Anforderungen

Helium ist ein weiteres inert-gas, das jedoch andere Eigenschaften aufweist. Es besitzt eine höhere thermische Leitfähigkeit als Argon, was bedeutet, dass es die Wärme besser in das Schweißgut leitet. Das Ergebnis ist eine tiefere Penetration, schnellere Schweißgeschwindigkeiten und eine Perle mit einem höheren Verhältnis von Tiefe zu Breite. Das Schweißen mit 100% Helium ist jedoch meist automatisiert und weniger für manuelle Arbeiten geeignet, da Helium einen schwierigeren Bogen erzeugt und schwerer zu kontrollieren ist. Zudem ist Helium teurer als Argon und weniger verfügbar. Für flache Schweißpositionen ist Helium weniger praktikabel, doch es eignet sich hervorragend für Überkopf- und vertikale Anwendungen, da es nach oben schwimmt und dort die Schweißzone schützt. Die Kombination von Helium mit Argon in Mischungen kann die Vorteile beider Gase nutzen und je nach Anwendungsfall angepasst werden.

Hinweis: Helium wird meist als Additiv in Mischungen verwendet, um die Tiefe der Penetration zu verbessern, ohne die Stabilität des Lichtbogens wesentlich zu beeinträchtigen.

Wasserstoff – Das reaktive Gas für spezielle Legierungen

Wasserstoff ist kein inert-gas, sondern ein reaktives Gas, das chemisch mit bestimmten Metallen reagiert. Es wird vor allem in geringen Anteilen (bis zu 5%) als Additiv zu Argon bei der Schweißung von austenitischem Edelstahl und Nickellegierungen eingesetzt. Die Zugabe von Wasserstoff erhöht die Schweißgeschwindigkeit, verbessert die Oberflächenreinigung und sorgt für eine tiefere, breitere Durchdringung. Es ist jedoch äußerst wichtig, Wasserstoff nur bei geeigneten Materialien zu verwenden, da es sonst zu Porosität und Wasserstoffrissen kommen kann. Für das Schweißen von Aluminium, Weichstahl oder ferritischen Stählen ist Wasserstoff ungeeignet, da es die Schweißnaht destabilisieren und Rissbildungen fördern kann. Bei der Arbeit mit Edelstahl ist Wasserstoff eine wertvolle Ergänzung, um die Qualität der Schweißnaht zu optimieren.

Wichtig: Verwenden Sie niemals Wasserstoff-Wasserstoff-Gemische für das Schweißen ungeeigneter Materialien, da dies zu erheblichen Problemen führen kann.

Schweißgasmischungen – Optimale Kombinationen für spezielle Anforderungen

  • Helium + Argon – Die meistgenutzte Mischung ist 75% Helium und 25% Argon. Weniger Helium ergibt einen stabileren Bogen, während mehr Helium tiefere Penetration und höhere Schweißgeschwindigkeit ermöglicht. Diese Mischung ist vielseitig einsetzbar und eignet sich für viele Metalle, auch in kalten Klimazonen, beispielsweise bei Arbeiten in Alaska.
  • 95% Argon + 5% Wasserstoff – Diese Mischung verbessert die Bogenstabilität, steigert die Penetration und ermöglicht höhere Schweißgeschwindigkeiten. Sie ist ideal für austenitischen Edelstahl und Nickellegierungen.
  • 98% Argon + 2% Stickstoff – Diese Variante wird häufig beim Schweißen von Duplex- und Superduplex-Edelstählen sowie Kupfer eingesetzt, um die gewünschten mechanischen Eigenschaften zu erzielen.

Kann man dasselbe Schutzgas für MIG- und TIG-Schweißen verwenden?

Grundsätzlich ist es nicht empfehlenswert, das gleiche Schutzgas für beide Verfahren zu verwenden. MIG-Schweißen benötigt meist eine Mischung aus 75% Argon und 25% Kohlendioxid oder reines Kohlendioxid. Für das MIG-Schweißen von Aluminium ist jedoch reines Argon erforderlich. Wenn Sie eine 100% Argon-Flasche für MIG-Schweißen auf Aluminium besitzen, können Sie dieses Gas auch für TIG verwenden. Allerdings ist die Verwendung eines 75/25-Gases für TIG nicht ideal, da es beim Schweißen Funken und unregelmäßige Perlen erzeugen kann, was auf den ersten Blick täuschend erscheinen mag. Das Problem liegt darin, dass Kohlendioxid (CO₂) kein inert-gas, sondern ein aktives Gas ist. Es leitet Elektrizität durch, bricht die Oberflächenspannung des geschmolzenen Metalls und führt dazu, dass die Wolframelektrode schnell verbrennt und kontaminiert wird. Das Ergebnis sind unkontrollierte, funkenartige Schweißnähte, Rissbildungen und eine schlechte Oberflächenqualität. Daher sollte für das TIG-Schweißen stets reines Argon oder eine geeignete Mischung mit Helium verwendet werden.

Auswahl des besten Schutzgases für den jeweiligen Anwendungsfall

Nachdem die Grundlagen geklärt sind, ist es wichtig, das passende Schutzgas je nach zu schweißendem Material und Budget sorgfältig auszuwählen. Manche Mischungen sind teurer, bieten jedoch Vorteile bei bestimmten Metallen. Dennoch gilt: Wenn keine speziellen Anforderungen bestehen, ist reines Argon die kostengünstigste und universell einsetzbare Lösung.

Schweißmaterialien und die optimale Gaswahl

Stahl

Reines Argon oder Argon/Helium-Gemische sind ideal für das Schweißen von Kohlenstoffstahl. Helium wird nur in seltenen Fällen benötigt, da es die Kosten erhöht, ohne signifikanten Mehrwert zu bieten. Für den normalen Weichstahl genügt eine 100% Argon-Flasche, um hochwertige Ergebnisse zu erzielen.

Edelstahl

Das Schweißen von Edelstahl ist komplexer, da viele Typen existieren. Für unbekannte Legierungen empfiehlt sich die Verwendung von Argon/Helium-Gemischen oder reinem Argon. Helium sollte bei dünnen Edelstahlblechen vermieden werden, da es die Wärme zu stark erhöht und zu Verformungen oder Korrosionsproblemen führen kann. Für dicke austenitische Edelstahllegierungen kann Wasserstoff in geringen Mengen (bis zu 5%) die Schweißqualität verbessern, indem es die Oberflächenoxidentfernung fördert und die Durchdringung verbessert. Für Duplex- und Superduplex-Stähle ist der Einsatz von Stickstoff in der Gasmischung empfehlenswert.

Aluminium

Zur Schweißung von Aluminium ist reines Argon oder eine Argon/Helium-Mischung geeignet. Helium erhöht die Wärmeübertragung, was bei dickeren Aluminiumteilen vorteilhaft ist. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass bei der AC-TIG-Schweißung mit 100% Helium die kathodische Reinigungswirkung nicht auftritt. Daher ist eine Mischung mit Argon häufig die bessere Wahl, um Oxidbildung zu vermeiden. Es ist auch möglich, reines Helium für Aluminium zu verwenden, was jedoch eine fortgeschrittene Technik erfordert.

Exotische Metalle

Bei Metallen mit speziellen Eigenschaften, wie Kupfer, Chromlegierungen, Nickel oder Magnesium, ist die Wahl des Schutzgases entscheidend. Für Kupfer, das die Wärme schnell ableitet, ist reines Argon empfehlenswert. Für Nickellegierungen kann eine Mischung mit Wasserstoff hilfreich sein, um Porosität zu vermeiden. Bei Magnesium ist besondere Vorsicht geboten: Es ist äußerst gefährlich, und nur mit Argon oder Argon/Helium-Gemischen in kontrollierten Umgebungen zu schweißen. Die Sicherheitsvorschriften müssen strikt eingehalten werden.

Budgetüberlegungen bei der Gaswahl

Die Kosten für Schutzgase variieren je nach Tankgröße und Anbieter. Einweg-Gasflaschen sind praktisch für unterwegs, aber auf Dauer ist der Kauf eines wiederbefüllbaren Tanks günstiger. Die gängigsten Größen sind 40, 80 und 125 Kubikfuß. Die Anfangskosten liegen zwischen 245 und 420 US-Dollar, während Nachfüllungen zwischen 45 und 90 US-Dollar kosten. Für Hobbyanwender ist eine 40- oder 80-CF-Flasche meist ausreichend, während professionellere Anwendungen größere Tanks erfordern. Es lohnt sich, die Preise bei örtlichen Gashändlern zu vergleichen und auf Qualität sowie Verfügbarkeit zu achten.

Zusammenfassung: Das richtige Schutzgas für Ihren Schweißjob

Die Wahl des passenden Schutzgases hängt von zahlreichen Faktoren ab, darunter das zu schweißende Material, die Position, die gewünschte Schweißqualität und das Budget. Für die meisten Anwendungen ist reines Argon die beste und kostengünstigste Wahl. Möchten Sie spezielle Eigenschaften wie tiefere Penetration oder bessere Oxidentfernung erzielen, sind Mischungen mit Helium, Wasserstoff oder Stickstoff sinnvoll. Vermeiden Sie jedoch grundsätzlich die Verwendung von Sauerstoff oder Kohlendioxid, da diese die Qualität Ihrer TIG-Schweißnähte erheblich beeinträchtigen können.

Abschluss: Tipps für eine erfolgreiche Schutzgaseinsatz

Wenn Sie ein allgemeines Schutzgas für Ihre TIG-Arbeiten suchen, ist 100% Argon die zuverlässigste Lösung. Für spezielle Anforderungen sollten Sie je nach Metall und Anwendungsfall die passende Gaszusammensetzung wählen. Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich, im Zweifelsfall auf bewährte Mischungen oder reine Gase zurückzugreifen. Wichtig ist, niemals Sauerstoff oder Kohlendioxid in Ihrer Schutzgasflasche zu verwenden, da dies die Schweißqualität stark verschlechtern kann. Mit der richtigen Auswahl an Schutzgasen sind Sie bestens gerüstet, um hochwertige, saubere und langlebige Schweißnähte zu erzielen.


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